Garder Chronik

[Sagen]   [Fischerhütten]   [Sitten und Gebräuche]

Die nachfolgende Chronik wurde Ende der 30er Jahre von Karl Jost, einem gebürtigen Garder, verfasst

 

Der Name “Garde” wird gewöhnlich nach dem Slawischen durch “Burg”, “Burgflecken” erklärt und ist wahrscheinlich von dem kassubischen Wort “gor” = Berg, “gorna” = Ort, Flecken, abgeleitet. Garde ist in  alten Zeiten eine Stadt gewesen. Auf dem 1595 in Paris gedruckten Weltatlas sind auf der Karte von Deutschland in Ostpommern die Orte Stolp, Garde und Lawenburg verzeichnet.

Nach der Broschüre “Rower Bilder aus alter und neuer Zeit” führt Garde seinen Namen nach der herzoglichen Burg, die dort stand. Garde ist aus “gorod”, das Burg bedeutet, ähnlich wie Belgard, Stargard, Naugard, Sagard, Rugard. Diese Burg war der Mittelpunkt einer Kastellanei, an der sich, wie vielerorts in Pommern, eine Siedlung lehnte. Mit ihr war ein fürstlicher Krug, eine Taberne, verbunden. Hier versammelte sich die Bevölkerung des Distrikts, um allerlei Geschäfte des täglichen Lebens, Kauf und Tausch, abzumachen, den Willen des herzoglichen Kastellan zu vernehmen, Entscheidungen ihrer Klagen zu suchen und ihre Abgaben und Steuern zu entrichten. Die Verwaltung der Burg lag in den Händen eines Kastellans, der mit niederen Beamten und Burgmannen umgeben war. Er übte in seinem Distrikt die oberste Gerichtsbarkeit aus, leitete die Verteidigung der Burg, führte im Kriege die zur  Kastellanei gehörige Mannschaft und zog die fürstlichen Einkünfte ein.

Heute noch heißt eine Feuerstelle “Gorni”. Sie liegt auf dem Berge an der Straße nach Schmolsin. Der jetzige Besitzer Heinrich Griechen - Gorni-Heinrich genannt - erzählte, daß er beim Fundamentbau seines Stallgebäudes auf Mauerreste, wahrscheinlich Überreste von Kellerräumen, gestoßen sei und daß er jeden Herbst bei tieferem Ausheben von Kartoffelmieten um sein Gehöft herum Mauerreste gefunden habe.

Über die Entstehung des Ortes ist leider nichts bekannt. Seine Anfänge liegen völlig im Dunkeln. Die Urne, die vor einigen Jahren in den Laufken, am Wege nach der Schwarzmühle, gefunden wurde, ist leider aus Unkenntnis zertrümmert und verschüttet worden. So hat man von dieser keine genauen Zeitangaben feststellen können. Aus den Urnen, die man vor kurzem in der nächsten Umgebung, in Wusseken, gefunden hat, kann man aber mit Bestimmtheit schließen, daß auch in Garde schon mehrere Jahrhunderte v. Chr. unsere germanischen Vorfahren gelebt haben. Ihre Pfahlbauten, Zelte oder Höhlen lagen - wie in ganz Ostpommern - vereinzelt zerstreut. Bei der Völkerwanderung wurden auch die ostpommerschen Germanen fortgerissen. Die Wenden drängten nach, und mehrere Jahrhunderte vergingen, ehe im Rückstrom deutscher Menschen dieses Gebiet wieder deutsch wurde. Viele Ortschaften dieser Gegenden sind damalige wendische Siedlungen und tragen heute noch wendische Namen, wie Wendisch-Silkow, Wendisch-Bukow, Schmolsin, Stohentin, und auch Garde ist wohl eine deutsch-slawische Siedlung.

Im heutigen Großgarde sind die beiden früheren Ortschaften Garde und Kerske oder Kierske vereinigt. Diese Namen waren noch bis vor 60 Jahren bei den kirchlichen Bekanntmachungen (Geburten, Aufgeboten, Sterbefällen) bis zum Fortgang von Pastor Franz, 1876, im Gebrauch. Auch heute noch wenden die Garder diese Ortsbezeichnung täglich an. So hört man: “Ich gehe auf den Kersk” oder “Ich komme von der Gard”.

Im Grundbuch von Großgarde sind nachbenannte 45 Feuerstellen eingetragen:

Knutkowska, Skorsewsky, Paschen, Dünnisch, Pona, Minka, Kollitz, Judaschkautz, Lauen, Jürgenitz, Grummischütz, Schbeika, Skibba, Frederkowsky, Hurza, Rudnik, Jerduschken, Schulta, Kramarsitz, Kribjetz, Lehnhaken, Storchels, Klawuschütz, Knutka, Griechenkautz, Kowaltiz, Knjitz, Frintzkautz, Komlautz, Mirdos, Christoffers, Jeretz-Buttke, Stawuwi, Kotten, Hanischken, Slifka. Außer diesen werden nach angewandt: Mißtraßen, Bibauken, Falken, Wulfen, Stodders, Beckers, Hadam u.a.m.

Auf diesen Feuerstellen wohnen jetzt 300 Familien, 350 Haushaltungen mit 1.300 Einwohnern.

Die Namensforschung hat ergeben, daß von den Familiennamen, die heute noch in Großgarde üblich sind, einige schon vor 400 Jahren vorhanden waren. Die beiden ältesten Namen sind Sawallisch und Judaschke. Sie erschienen im Staatsarchiv 1531 zum ersten Mal. 1538 kommen die Namen Falk und Nork hinzu. Der Name Jost, der heute hier am meisten vertreten ist - 1890 bis 1896 gab es allein 11 Martin Jost - wird 1569 erstmalig genannt. Einige Namen, die früher mehrfach getragen wurden, sind im Laufe der Zeit erloschen, so Suchors, Mirdos, Libb [?]. Diesbezügliche Eintragungen in den Kirchenbüchern des Ortes reichen leider nur bis 1772 zurück. Die alten sind im Feuer vernichtet worden. Um die Zeit von 1530 bis ins 18. Jahrhundert hörte Garde zum Stolper Amt.

In engstem Zusammenhang mit den 45 Feuerstellen stehen heute noch die wirtschaftlichen Verhältnisse Gardes, besonders die Landwirtschaft und die Fischerei. Trotz seiner großen Einwohnerzahl hatte es von jeher wenig Acker im Besitz - man sagt 150 Morgen - dagegen größere Wiesen- und Moorflächen und viel Öd- und Unland - Dünen... Auffällig ist jedem Fremden, daß die Ackerflächen sehr klein sind. Ihre Breite beträgt oft nicht mehr als 1 m. Diese kleinen schmalen Ackerstreifen erklären sich dadurch, daß die väterlichen Ländereien immer wieder unter sämtlichen Kindern geteilt wurden.

Da die Ortschaft schon vor 100 Jahren über 1.000 Einwohner hatte, suchten die kleinen Besitzer der nicht ausreichenden Nahrungsfläche in den Nachbardörfern Land zu erwerben. So haben sie von Stohentin etwa 3/5 der gesamten Ackerfläche angekauft. Auch in Schlochow, Kleingarde, Wittstock, Wittbeck, Rotten, Kuhnhof und Wusseken haben sie nach und nach Ländereien erworben. Infolge der großen Nachfrage nach Land waren natürlich die Preise unglaublich hoch. So kostete beispielsweise 1 Morgen, der über 2 km vom Dorf entfernt liegt, um die Jahrhundertwende 1.700 RM. Diese Preise sind jetzt bedeutend gefallen, weil man die nutzlosen Moorflächen mit Sand bekarrt und dadurch in fruchtbares Ackerland verwandelt hat.

Die Wiesen liegen teils am See, teils zu beiden Seiten der Lupow. Da sie einen sehr gewundenen Lauf hatte, versandete die Mündung oft und die Wiesen standen fast immer unter Wasser. Kostspielig war das Mähen im Wasser und das Fortschaffen des Grases auf Kähnen und Wagen zum Trocknen, und es machte große Mühe. Infolge der starken Westwinde wurden und werden fast jeden Winter auch die Seewiesen überschwemmt. Die durch das Wasser ausgelaugten Wiesen brachten nur geringe und magere Erträge. Es wurde darum von der Bevölkerung mit Freuden begrüßt, als die erste Hilfsaktion einsetzte: Anfang der 80er Jahre wurde die Lupow-Genossenschaft gegründet, die mittels Meliorationsgelder den Lupowlauf regulierte und damit die versumpften Stromwiesen wesentlich verbesserte, teils in gute verwandelte. Auch die kurz vor dem Kriege [Anm.: 1. WK] gegründete Be- und Entwässerungs-Genossenschaft wirkte segensreich, besonders bei den Schmiedewiesen. Schaden brachte sie einigen niedrig gelegenen Wiesen. Zu diesen gehörten auch die Schulwiesen. 1910 konnten sie zu den besten Wiesen gerechnet werden. Jetzt sind sie soweit heruntergekommen, daß die 3 Morgen große Fläche nicht mehr für 20 RM jährlich zu verpachten ist.

Trotz dieser angedeuteten Maßnahmen reichten aber die Erträge der Wiesen für den großen Viehbestand des Ortes nicht aus. Die Viehbesitzer waren daher gezwungen, von der Hofkammer in Schmolsin die nächstliegenden Wiesen zu ungewöhnlich hohen Preisen zu pachten.

Um Futter zu sparen, wurde früher den Sommer über das Jungvieh gemeinsam von einem Hirten in den Dünen geweidet. Morgens trieb dieser die Stärken dünenwärts, und abends brachte er sie wieder in die gewohnten Ställe. Dieser Weidebetrieb hörte aber mit Anfang dieses Jahrhunderts auf. Als Ersatz dafür wurde vom Gut Selesen, ganz hinten im Lebamoor, eine größere Fläche auf viele Jahre gepachtet. Das Jungvieh bleibt hier den ganzen Sommer über draußen und gedeiht bei der ausgezeichneten Weide vorzüglich. Nun galt es, die Koppeln und die sich daranschließenden Flächen auf der Strecke vom Wege nach Karolinenhof bis zu den Dünen, frühere Pferdeweiden, zu kultivieren. Aber immer noch reichten die angebauten und verbesserten Äcker und Wiesen nicht aus. Einige Familien verließen darum Garde und versuchten außerhalb ihr Glück. Vor 3 Jahren brachte man einen langgehegten Wunsch der Garder, die alten Torfkulen und Dorfkaweln, die Torfmoore und die Weide, das ganze Gebiet vom Dorf links der Chaussee bis zur Schlochower Grenze zu entwässern, zur Ausführung. Dieses Projekt unter dem Namen “Polder 2”, zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen, kostete 38.325 RM, wozu der Staat eine Beihilfe von 5.725 RM gewährte. Die Größe der kultivierten Fläche beträgt 100 ha. Welchen Wert der Boden gewann, zeigt sich darin, daß die Fläche von 10 a, die vor 30 Jahren 30 RM kostete beim Verkauf vor einem Jahr 400 RM brachte.

Gegenwärtig wird an “Polder 1” gearbeitet. Dadurch soll der See vom Wussogenweg bis zum Abflußgraben eingedeicht werden. Der Staat hat einen Zuschuß von 30.000 RM zugesichert. Der Umbruch der sauren Wiesen, Tieffurche, tellern und walzen, kostete 26 RM pro Morgen. Der Besitzer brauchte nur 1 RM zu bezahlen, da der Anteil der staatlichen Zuschüsse 25 RM betrug.

Mit dem Anforsten der bis dahin vernachlässigten kahlen Dünenflächen wurde vor etwa 30 Jahren zaghaft begonnen. Viele Stellen, die sogenannten Luchs, wären wohl zum Forsten geeignet gewesen. Hier ist aber in früheren Zeiten durch planloses Abholzen von Kiefern und Birken viel gesündigt worden. Niemand dachte ans Anschonen. “Das läßt der liebe Gott so wachsen”, hieß es. Wäre hier planmäßig angepflanzt und geschont worden, Garde könnte heute seinen Holzbedarf selbst decken. So muß es diesen in den Nachbarforsten teuer kaufen. Erst in letzter Zeit wird von einigen besonnenen Besitzern von Jahr zu Jahr wieder fleißig gepflanzt und geschont, so daß die Dünen, deren Einheitswert je ha mit 30 RM angegeben ist, ein wertvolles Waldgebiet darstellen werden.

Zu den Feuerstellen gehörten viele kleine Parzellen. Diese liegen über die ganze Gemarkung verstreut. An der Feuerstelle “Schulta” will ich die Größe der einzelnen Parzellen angeben. Die Hoflage mit Garten, auf der jetzt 6 Eigentümer, jeder mit eigener Wirtschaft wohnen, ist 0,21 ha groß, die Wiese unter Schlochow 0,69 ha, die Wiese an der Lupow 2,68 ha, die Weide 6,88 ha und die Dünen 12,00 ha - im ganzen: 35,00 ha.

Von manchen Feuerstellen sind einzelne Parzellen 10 mal und noch öfter geteilt worden. Hieraus erklärt sich die Buntscheckigkeit der Garder Felder. Noch buntscheckiger sind die Katasterblätter und das Grundbuch von Großgarde. 1/8 Besitzer von der Feuerstelle “Schulta” hatte durch die Teilung 28 Parzellen-Nummern in seinem Grundbuch. Nach dem neuen Umlegungsgesetz sollen nun solche kleinen Parzellen zusammengelegt werden. Großgarde ist als erste Ortschaft im Stolper Kreise schon dazu angemeldet.

Sehr verwickelt liegen die Verhältnisse bei der Garder Fischerei, der zweiten großen Einnahmequelle des Ortes. Nach Edenbüttel, Pastor in Schmolsin, bildete einst der Gardesche See mit dem großen und dem kleine Dolgensee und dem Lebasee einen einzigen großen  Binnensee. Ein Gardescher Kastellan aber vollzog, um diesem großen Gewässer noch einen anderen Ausweg als die Lebamündung zu schaffen, bei dem heutigen Rowe, wo der Strand am niedrigsten war, einen Durchstich, worauf sich die in den Garder See ergießende Lupow schnell nach dem neuen Abfluß wandte. Davon erhielt Rowe seinen Namen; denn Rowe bedeutet im Kassubischen “Graben”. Dieses Werk des Kastellans hatte die Bildung dreier Seen zur Folge; des Garder und des Lebasees, welche heute noch durch einen Graben in Verbindung stehen und des großen und des kleinen Dolgensees.

Der Garder See war in früheren Zeiten überaus reich an den mannigfaltigsten Fischen, an Zandern, Bleien, Schleihen, Karauschen, Aalen, Hechten, Barschen, Rotaugen, Plötzen u.a. Der Prediger Haese erzählt in der Rower Kirchenchronik, daß im Februar 1837 die Eisfischerei auf diesem See einen überaus reichen Ertrag an Bleien geliefert habe. Ein Zug erinnerte an das reichgesegnete Netz des Petrus auf dem See Genezareth. Es enthielt soviel Bleien, daß die Fischer über 8 Tage damit zubrachten, das Netz zu leeren. Auch in den neunziger Jahren (1890) war ich Zeuge davon, wie ein einziger Zug mit dem “Großen Garn” mehrere Zentner Fische brachte.

Von Jahr zu Jahr wird der See kleiner. In den letzten 4 Jahrzehnten ist eine Verlandung, ein Zuwachsen, besonders auf der Branischk, deutlich zutage getreten. Wem der Grund und Boden gehört ist fraglich. Der Bestand darauf ist Eigentum der Garder.

Der Garder See, malerisch gelegen und geologisch hochinteressant, eine Perle des schönen ostpommerschen Landes, ist ein vielumstrittenes Objekt. Im 13. Jahrhundert, als Garde noch Flecken oder Stadt war, übten die 45 Fischer, die auf ihren Feuerstellen saßen wie der Bauer auf seinem Hofe, im Garder See das Fischereirecht des großen Wintergarns und der dreizehn Lachszüge, die sogenannte gewisse Fischerei, aus. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um die Eisfischerei, die früher schon so ausgeübt wurde, wie sie heute noch gehandhabt wird. Mit einem 5 bis 6 m breiten und wohl 1000 m langen Netz wird unter dem Eis gefischt. Das dazu nötige Garn mußten die Fischer aus selbstgebautem Flachs durch gemeinsame Arbeit geschickt selbst gewinnen und zusammenstricken. Die dreizehn Lachszüge erfolgten an den tiefsten Stellen des Sees. Auf einer Skizze, mit Namen bezeichnet, sind die Züge ersichtlich. Seit mehreren Generationen klagen die Garder Fischer, daß ihnen die Fischereigerechtsame auf dem Garder See ungerechterweise gewaltsam abgezwungen worden ist. Es ist nicht uninteressant, aus alten Akten der Stettiner und Berliner Archive zu entnehmen, wie Herzog Johannes Friedrich von Stettin und Friedrich der Große in diese Streitigkeiten durch Fischereiordnungen von 1591 und 17[?] eingriffen. Großgarde ist damals die gewisse Fischerei gegen Ablieferung von Geld und Fischen (Herrenfische!) übertragen worden. Friedrich der Große hat für die Winterfischerei - einschließlich der dreizehn Lachszüge - den Betrag von 24 Talern jährlich festgelegt. Diese klaren Bestimmungen sind aber im Laufe der Zeit von den unteren Instanzen zu ungunsten der Fischer ausgelegt worden. Ja, es wurde sogar die Eisfischerei mit den “Großen Garn” verboten, und nur die dreizehn Lachszüge erhielten die behördliche Genehmigung. Als Antwort darauf beschritten die Fischer den Weg der Selbsthilfe und lehnten den sogenannten herrschaftlichen Zug ab, den sie bisher gegen Schnaps und Bier für die Hofkammer in Schmolsin bezogen hatten.

Einer der ärgsten Bedrücker jener Zeit war der Rentmeister Wilke in Schmolsin. Noch heute erinnert sich der alte Fischer Johann Falk, daß sein Vater nach wiederholten Verhandlungen über die Ungerechtigkeit bei der Winterfischerei dem Rentmeister Wilke zugerufen habe: “Herr Wilke, Sie werden verflucht!” Durch Selbstmord ist dieser ungerechte Haushalter im Strom geendet.

Auch die wohlbegründete Eingabe des Vogts Woggon vom 13.4.1868, daß den Garder Feuerstellen seit Jahrhunderten das verbriefte Recht zur Ausübung der Winterfischerei gegen eine fixierte Rente von 24 Talern zustehe und ein Bericht des Rentmeisters Mücke an die Regierung zu Köslin, daß zwar seit 1821 der Garder See zum Gut Schmolsin gehöre und dieses das Recht auf Fischerei, Rohr-, Schilf- und Binsenschnitt besitze, die Gemeinde Großgarde aber privatberechtigt zur Mitfischerei mit einem großen Wintergarn von 45 Teilnehmern sei, haben den Streit nicht aus der Welt zu schaffen vermocht.

Durch einen Zivilprozeß der z.Zt. schwebt, wollen nun die Fischer ihre alten Rechte ausfechten und auch die Eintragung ihrer Fischereirechte ins Wasserbuch erzwingen. Seit 1868 ist der rund 10.000 Morgen große Garder See im Grundbuch von Schmolsin eingetragen. Die Eingemeindung für Großgarde hat die Hofkammer verhindert. Die ungewisse Fischerei wird in der Hauptsache im Sommer von Berufsfischern gegen Pachtung ausgeübt. Die an die Hofkammer 1928 gezahlte Pacht betrug 6.650 RM. Die Fischer, die sich zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen haben, fischen mit Zugnetzen, Stehnetzen, Reusen und Aal- und Hechtangeln. Das Aalstechen ist verboten und wird streng bestraft.

Um die Fische besser verwerten zu können, hat die Genossenschaft am Sandberg, wo früher die alte Schule stand, einen Eiskeller und eine Verkaufsstelle erbaut. In der Verkaufsstelle werden die Fische mit frischem Wasser und Sauerstoff längere Zeit lebend und frisch erhalten, was früher im Jitkasten geschah. Der Abtransport der Fische nach Stolp und Berlin geschieht durch das Genossenschaftsauto. Großgarde hat auch eine Fischbrutanstalt. Die Aufsicht über den See übt der Fischmeister aus.

Eine große Anzahl Fischer war früher auf dem Bollenz, ein Stück Dünengelände (Lonske-Düne) am Lebasee, tätig. Der Grund und Boden von Bollenz gehörte der Hofkammer von Schmolsin; der Bestand darauf 5 Garder Fischern. Die anderen mußten für ihre Fischerhütten Standgeld bezahlen. Die Fischer gingen montags zum Fischen, verblieben die Woche über in ihren Buden und kamen sonnabends wieder nach Hause. Mittwochs und Sonnabends wurden sämtliche gefangenen Fische vom Garder- und Lebasee mit Fuhrwerken auf den Fischmarkt nach Stolp gebracht, die besseren lebend in Fässern, die kleinen tot in Lischen. Oft waren 10 und mehr Fuhrwerke mit Garder Fischen auf dem Stolper Wochenmarkt. Der reichste Fischzug wurde von den alten Fischern im Winter 1884 gemacht.

Sehr lohnend war früher auch die Strandfischerei. Am Ostseestrand wurde meistens im Frühjahr, während der Laichzeit, gefischt. Von den vielen Strandfischerbuden stehen heute noch drei, “Die Alten”, “Die Neuen” und “Die Jungens”. Die Fischerhütten sind so groß, daß 10 bis 12 Mann darin hausen können. Das am Eingangsgiebel um etwa 2 m überstehende Rohrdach reicht überall bis zur Erde. Die Schlafstätten sind an den Seiten des Raumes gelegen. Gekocht wird auf offenem Her (Dreifuß oder Kette, woran die Töpfe gehangen werden), der in der Mitte des Fußbodens hergerichtet ist. Tisch und Stühle fehlen meistens. Der Rauch hat keinen anderen Ausweg als die offenen Tür.

Gefischt wurde meistens nachts auf Lachs, Speitzker, Stöhr, Dorsch und Flundern. Die schwere Beute mußte dann am Morgen in großen Strandlischen durch die Dünen nach dem Garder See getragen werden. Von dort wurden die Fische im Kahn zum Dorf gefahren und dann mit dem Fuhrwerk nach Stolp gebracht. Später erleichterten die Händler den Fischern den Transport der Fische. Es gab damals soviele Lachse, daß man sie nicht mehr essen mochte. Die Dienstboten machten sich beim Vermieten besonders aus, nur einmal in der Woche Lachs essen zu müssen. Die Störe hatten garkeinen Wert. Da sie nicht gekauft wurden, fanden sie bei den Fischern selbst Verwertung. Der letzte Stör, ein über 2 Ztr. schwerer Bursche, wurde im Frühjahr 1921 gefangen. Jetzt ist die Strandfischerei sehr zurückgegangen. Die Lachsfischerei wird nach und nach eingestellt. Gefischt wird immer noch nach Flundern, Dorschen, Pomucheln. Die Verteilung des Wochenverdienstes geschieht bei allen Fischereien am Sonntag. Unter den jungen Fischern herrschte am Strand ein frisches, fröhliches Leben. Noch heute erzählen die Fischer gern von ihrer Geselligkeit und von Dingen, mit denen sie sich die Zeit vertrieben. Namen, die sie dort erhielten, haben sie ortsüblich bis zu ihrem Lebensende getragen: Landrat, Rentmeister, Sarah, Gefreiter, Major, Kapitän u.ä.

Schwer hatten es die Garder Fischerfrauen in früheren Zeiten. Sie wanderten mit vollen Lischen auf dem Rücken “obsitt” meilenweit in die Nachbardörfer und über diese hinaus, um dort die Fische, die bis zum Markttag nicht mehr frisch blieben, gegen Geld oder Lebensmittel abzusetzen. Hören wir, was uns die kürzlich verstorbene Witwe Karoline Pollex aus Großgarde - sie verstarb im November 1937 - aus ihrem fast 100-jährigen Leben darüber erzählte:

“As eck 17 Joahr olt was, jing eck oppe Derper met de Fesch. Donn lewt enne Choard son oll Mäke, dei hed dat Weken op sick. Sei hed nemlich ne Uhr, o wie hedde kein. De Schlauste was sei ok noch, un so wekt sei, wenn dat ehr enne Kapp kamm. Vielleicht deht sei dat ock weckmos os tom Schaobernak. Wenn sei os denn wekt hee, stund wie Mäkes op, fedelte os dei Lesch op o jinge los. Wenn wie denn enne Därper keime, dacht wi, dei Lied were all op sinn; jowull, sei schleipe noch. So misd wi denn ent nechst Derp choaune, wor dei Lied all alle opwoaukt were. Wi jinge donn wit met dei Fesch, bet Karschnetz o bet Pogoantsch (Poganitz liegt 30 km Wegstrecke von Großgarde entfernt; die tüchtigen Mädchen legten also an einem Tage bis zu 60 km zurück, wobei sie noch ein Gewicht der Fische von oft 80 Pfund und auf dem Rückweg manchmal Lebensmittel tragen mußten). En Ditsch-Karstnetz woant donn en jung Schmett, dem hed Topel. Wenn ek denn ope Haff met dei Fesch keim, denn lei hei dei Schmäd Schmäd senne o kamm ok oppe Haff. Denn säde dei andere Borsche: Wer wett worem Topel emmer sin Schmäd em Stick lei wenn dei choardsche Mäkes koame? Senn secht de ein: Karlin es dach sin Brutt! Ek was donn ober noch to unverstendig o dacht, hei red dat ma so. Oaber hei meind dat ernst. Noaher heb ek dat ok bedurt dat ek em nech noaume hee. To sine Modder sed hei emmer: Mama, von desm Mäke  moßt du emmer nehme, dat sall eis min Fru ware. Ek trud em oaber nech o dacht, hei sed dat bloß dorem, ek sull em vel Fesch jewe; don verkäft wi noch nech pundwis, don verkäft wi emmer noam Steck. Dei Nettelpletz kast ne Sechser. Oppe Hew were wi wedder betzke dierer as bi de Dachlehnersch. Oawend bi twelne keim wi denn no Hus. Denn es dat manchmoal verkoame, dat ek denn chlik de ander Lesch neim o wedder losjing, ohne to schloapen. Wi jinge meistens platt barft. Weckmoal hed ek ok son olle kromm Schau an. Donn sed eis hei Bengel tom anderen: Du, dei Beine send nech kromm, dat send bloß dei Schau. Wenn sei min Brutt wehr, den sull sei emmer choardsch Schau drege.” (Entnommen aus der “Ostpommerschen Heimat”, Beilage der “Zeitung für Ostpommern”)

Zu den Hauptbeschäftigungen der Garder, der Landwirtschaft und der Fischerei, kommt die Arbeit außerhalb des Dorfes und der eigenen Wirtschaft hinzu. Alljährlich gehen im Herbst über 100 junge Leute, Männlein und Weiblein, auf 4 bis 6 Wochen in die Gutsdörfer Rumbske, Schwetzkow, Lojow, Vessin u.a. zum Kartoffelsammeln. Auf langen Leiterwagen oder Lastautos werden sie geholt und auch wieder zurückgebracht. Sie sammeln “auf die Kiepe” und können mit Verpflegung bei allergrößter Kraft- und Zeitaufwendung bis zu 6 RM [?] täglich verdienen. Vergnügt kehren sie dann nach Beendigung der Kartoffelernte wieder heim. Der Arbeitslohn wird größtenteils zur Anschaffung von Kleidungsstücken verwendet.

In früherer Zeit war die Arbeit beim Kartoffelsammeln viel beschwerlicher und auch wenig einträglich. Lassen wir hierüber auch unsere Karoline Pollex erzählen: “As ek foffzehn Joahr olt was, jing ek no Sarchow [=Sorchow, ca. 10 km von Großgarde entfernt] oppe Schäpel. Donn krech wie oppe chanze Dach 50 Pf. ohne Eten. Dei Schepel Korn (80 Pfund) kast donn veier Doauler. Donn miesd wie 24 Doad riten, omdenn segge dei Lied emmer: Hit es et ne schlecht Tiet! Ne cholden Tiet es het hit jegen friher. Bi sone Preise - kann sek jeder denke, dat dat Brot bi os knapp was. As ek von tus tom Riten losjing, bakt os Mama mi sone Kollatsch oppe Pann von Maehl o Woauter. Denn hed ek oaber son Hunger; as ek oppen Melebarch was, hed ek all alles objete. Nu sull ek oaber noch henn bet Sarchow o denn dei chanze Dach rite o am auwend wedder trech!”

Viele Garder - z.Zt. sind es schon wieder ca. 20 - sind Seefahrer. Um ihr sauer verdientes Brot müssen sie sich bei Einsatz ihres Lebens oft Wind und Wetter um die Ohren schlagen lassen. Viele finden jetzt auch bei den staatlichen Bauten - Groß Born bei Neustettin und Stolpmünde - Arbeit und Brot.

Nun das Dorfbild selbst. Es hat heute ein ganz anderes Gesicht als vor 100 Jahren. Damals waren die meisten Häuser in Großgarde noch Rauchhäuser wie heute noch in Deep. Das letzte dieser Art brannte 1907 mit ab. Wie sahen denn die Häuser hier noch Ende des vorigen Jahrhunderts aus? Bei manchen mußten sämtliche Wirtschaftsgegenstände durch den Hausflur auf den Hof getragen werden. Auch das Fortschaffen des Dunges zur Straße geschah durch den Flur, um dann weiter aufs Feld gefahren zu werden. In manchen Häusern wohnen 4 Eigentümer; jeder mußte sich mit einer Stube begnügen, und nur der kleine gemeinsame Hofraum stand jedem zur Verfügung. Heute sind solche nur noch vereinzelt vorhanden. Hier haben die großen Brände 1866, in den 90er Jahren, 1907, 1912 und 1925 Wandel geschaffen. Daß auch der Magdeburger Pommernbund, der im Jahre 1922 schwer durch das Feuer Gelittenen gedacht hat, beweist ein Dankschreiben vom 29.8.1912 aus Großgarde.

Neues Leben ist aus den Ruinen erblüht. Mehr als 100 neue Häuser sind entstanden. An Stelle der alten Katen sind schöne, meist zweistöckige massive Wohnhäuser errichtet worden. Die zusammengebauten Häuser geben den Straßen ein städtisches Gepräge. Die Straßen sind mit Namen versehen, und die Häuser haben Nummern erhalten. Straßen und Hoflagen sind gepflastert. Die üblen Dungstätten an den Straßen haben - bis auf wenige - kleinen Vorgärten weichen müssen. Sehr freundlich wirkt auf den Fremden auch bei eintretender Dunkelheit brennende Straßenbeleuchtung. Seit 1909 erfreut sich die Garder Einwohnerschaft elektrischen Lichts, und seit mehr als 20 Jahren hat das ganze Oberdorf auch Wasserleitung. Der frühere Marktplatz, jetzt Kirchplatz genannt, ist durch eine Anlage mit Blumenbeeten geschmückt.

Ebenso hat der alte Kirchhof, der mit seiner alten Steinmauer unter Naturschutz steht, ein schöneres Aussehen bekommen. Er ist - bis auf wenige Gräber - eingeebnet und gärtnerisch angelegt. In seiner Mitte erhebt sich das im Jahre 1921 erbaute Ehrenmal für die im Weltkriege 1914/18 gefallenen Söhne der Parochie, im ganzen 52, davon 30 aus Großgarde.

In früheren Jahrhunderten wurden auf diesem alten Friedhof sämtliche Toten aus dem großen Kirchspiel begraben. Die Toten aus Großgarde fanden bis 1876 hier noch ihre letzte Ruhestätte. Da der Friedhof um die Kirche nur verhältnismäßig klein war, mußten die alten Gräber immer wieder benutzt werden. Mit einer etwa 1 1/2 m langen Eisennadel suchte man nach vermoderten Grabstätten. Beim Ausheben der neuen Gruft wurden oft mehrere Schädel bloßgelegt. Diese Reste irdischer Vergänglichkeit wurden dann wieder mitbegraben. Die alte Eisennadel ist erst im Weltkrieg vom Dachboden der Schule, wo sie aufbewahrt wurde, verschwunden.

Anfang der 80er Jahre brachte die neugebaute Chaussee nach Stolp den Gardern eine große Erleichterung. Früher mußten die Fischer zu ihren vielen Stadtreisen den sandigen Landweg durch die Laufken über die Schwarzmühle nach der Silkower Chaussee benutzen. 1884 wurde auf dieser neuen Kunststraße die Postverbindung eingerichtet. Großgarde erhielt Postagentur. Bisher war es von Silkow aus bestellt worden. Eine Postannahmestelle bestand in Schmolsin. Der alte Briefträger Kranzusch, der erste am Orte tätige Postbote, ehedem in Silkow stationiert, kam von allen heiß ersehnt, wöchentlich 2 bis 3 mal nach Garde. 1913 bekam Großgarde endlich auch die längst notwendige Eisenbahn. Früher wurden die Seefahrer mit dem Wagen nach Stolpmünde oder Danzig gebracht. Der letzte Fuhrmann, der solche Reisen nach Danzig, 150 km weit, gemacht hat, war der alte Prien (Kribjitz), der 1934 starb. Auf dem Rückwege wurden Mehr oder dergleichen geladen. Wenn die Seefahrer heimkehrten, kamen sie oft schwere Lasten auf dem Rücken tragend, die sie aus dem Ausland mitbrachten, zu Fuß.

Neuerdings ist Großgarde öffentlicher Verkehrs- und Ausflugsort. Der Verkehr nimmt von Jahr zu Jahr zu. Der See bildet das Ziel vieler Erholungssuchender, Wanderer und Sportler. Sonntags ist der Zustrom von Fremden besonders groß. Vom Stolper Seegelclub sieht man oft an 20 schöne Segelboote auf dem See kreuzen. Früher war nur der alte Kapitän Noack allein im Besitz eines solchen. Drei Motorboote, “Iduna”, “Möve” und “Schwalbe”, vermitteln den Verkehr über den Garder See zwischen Garde und Rowe, sonntags und in den Ferien regelmäßig, wochentags bei Bedarf.

Schöne Wochenendhäuser sind vom Stolper Segelclub am Ufer des Sees bei Kleingarde errichtet worden. Dort steht auch ein neuzeitlich eingerichteter Strandpavillon. Ebenso haben in den Garder Dünen verschiedene Stolper Privatleute niedliche Sommerhäuschen erbaut. Eifrig wird Wintersport betrieben. Schlittschuhlaufen auf der weiten spiegelblanken Fläche des leicht zufrierenden Sees erfreute sich schon in den 90er Jahren großer Beliebtheit; selbst die kleinsten Knirpse waren Meister im Schnellaufen. Heute spielen Segel-Schlitten und Eishockey eine besondere Rolle.

Die Einwohnerzahl des Dorfes hat wenig zugenommen. Der Lebensstandard aber ist infolge des lebhaften Verkehrs-Umgangs mit fremden Menschen bedeutend fortgeschritten.

Da durch die Fischerei viel Geld ins Dorf kam und die Leute äußerst fleißig, genügsam und dabei sehr sparsam waren, herrschte trotz ihrer kleinen Landwirtschaften doch ein gewisser Wohlstand. Garde war daher auch ein von Händlern jeder Art viel besuchter Ort. Die Rummelsburger Tuchmacher - Venzke und Quickmann - erzielten hier große Umsätze an wollenem Unterzeug, besonders Fries, bei Fischern und Seefahrern. Waren, die man am Ort nicht kaufen konnte, brachten die Fischer aus Stolp mit. Sonst fehlte es auch in Garde nicht an Geschäften. Um diese nicht zu schädigen, lehnte seinerzeit der ehemalige Schulze Falk (Kowaltitz) das Angebot ab, hier öffentliche Märkte abzuhalten.

Am 17. August 1936 fand das Richtfest des Jugendheimes in Großgarde statt. Das Heim ist ein Pfahlbau und ist als Blockhaus unmittelbar am See errichtet worden. Es ist ein Haus, wie es in früheren Zeiten die Germanen und vielleicht die hier Handel und Wandel treibenden Hanseaten bewohnten.

Sehr interessant schreibt H. Hoogewegin in seinem Buch “Die Stifter und Klöster der Provinz”, Band 2, 1925 über Garde: In Garde wohnen (1532) 35 Ökonomen; jeder hat einen Garten und zahlt dafür 5 Schillinge Pacht. Außerdem gibt es noch 27 wüste Gärten; einige haben die Leute verpfändet, andere verheuert. Der See gehört zur Hälfte dem Herzog, zur Hälfte Großgarde. Davon fällt von den Wintergarnen der 5. Fisch an die Probstei. Der halbe See bringt “darna Gott gift”, 5, 10 und auch wohl 30 und 40 Florin (Gulden) oder mehr. Auch ist dort eine Mühle.”

Diese Mühle hat wahrscheinlich auf der Feuerstelle “Stawuwi” gestanden; denn der verstorbene August Falk fand noch Anfang der 80er Jahre beim Bau seines Hauses verschüttete, eingerammte Eichenpfähle, ein richtiges Stauwerk, von einer Wassermühle stammend. Gespeist wurde diese vom Wasser der Struschk. Der heutige Schulhof und die anliegenden Gärten sind wohl damals Mühlteich gewesen. Alte Leute wußten zu erzählen, daß sie an dieser Stelle noch einen kleinen Teich gekannt haben, in dem der alte Vogt Woggon seine Fischkasten aufgestellt hatte. In späterer Zeit,  bis in Garde wieder eine Mühle gebaut wurde, mußten die Garder - nach dem Mahlzwang - ihr Korn in Schmolsin mahlen lassen. Nach einer Spezifikation der Personen und Mahlgäste vom 9.9.1732 im Amte Schmolsin handelt es sich um 62 Familien mit 182 erwachsenen Personen. Damals waren in Garde 4 Schuster, 1 Gastwirt, 1 Schmied, 1 Schneider, 1 Bäcker, 1 Böttcher und 1 Stadtknecht neben der zumeist Landwirtschaft und Fischerei treibenden Bevölkerung. Nach demselben Aktenstück mußte von Großgarde und Kerske jedes Haus, es waren 44, dem Pächter des Kleingarder Vorwerkes einen Tag in der Heuernte mähen. Dafür hatte dieser 1 Tonne Bier, 54 Käse, 14 Brote und 2 Acht Part Butter im Werte von 2 Rtl. (Reichstaler?!) 14 Sg (Silbergroschen?!) und 5 Pf. zu geben.

Eine besondere Beleuchtung verdienen die kirchlichen Verhältnisse Gardes. “In den ältesten Zeiten”, so berichten die Rower Bilder, “stand hier ein Tempel der wendischen Götter”, später die Kirche, zu welcher alle Dörfer der ganzen Kastellanei gehörten. Mann kann wohl bestimmt annehmen, daß Garde die erste Kirche hier im ganzen Osten gehabt hat. 1282 wird die Garder heilige Stanislaus-Kirche zum ersten mal urkundlich erwähnt. 1284 wurde sie von Herzog Mestwin II. unter das Patronat des neuerbauten Nonnenklosters zu Stolp gestellt. Herzog Swantopolk, Herzog Mestwins Vater, hatte die Kirche mit Fischerei- und Jagdrechten und vielen Gütern ausgestattet und von allen Abgaben befreit. Der Garder Pfarrer nahm von jeher eine besondere Stellung in Pommern ein. Pfarrer Johannes, als Episcopus Gardensis, wurde 1396 Stellvertreter des Bischofs von Kamin. Als solcher hat er Ablaßbriefe für das Nonnenkloster Köslin ausgeschrieben. Als im Jahre 1632 in Schmolsin die jetzige Kirche gebaut wurde, erfolgte die Abzweigung Schmolsins von Großgarde. Vorher hatte auf dem Revekol schon eine Kapelle mit einer Glocke gestanden. Die Garder Kirche besaß damals bereits 3 Glocken. Die Dörfer Selesen und Schlochow verblieben bis 1837 beim Garder Kirchspiel.

Die heutige Garder Kirche stammt aus der Zeit der Reformation. 1788 und 1852 wurde sie umgebaut. Alte Leute erzählen, daß die alte Kirche mit Rohr gedeckt war und daß das Dach an der Nordseite fast bis zur Erde reichte. 1792 bekam sie eine Orgel im Werte von 200 Talern. Nach dem Neubau des 45 m hohen Kirchturmes im Jahre 1860 erhielten die Glocken wieder ihren Platz im Turm. Wendisch-Silkow mit seiner 1879 erbauten Filialkirche wurde 1899 von Garde als selbständiges Kirchspiel abgezweigt. Ebenso bekam Gambin im Jahre des Kriegsausbruches 1914 eine Kirche, blieb aber bis heute dem Garder Kirchspiel angeschlossen, so daß der jetzige Garder Pfarrer Kypke den Gottesdienst im Wechsel vor- und nachmittags abhalten muß.

Der vordere Teil der Garder Kirche - unter Altarraum und Sakristei - ruht auf einem Gewölbe. In diesem stehen Särge mit unbekannten Toten. Beim Ausbau der Kirche wurde das Sarggewölbe mit Sand gefüllt. Jetzt wird es wohl als Feuerungsraum für die geplante Heizungsanlage geöffnet werden müssen. Vor der Kirche steht ein alter Taufstein aus früheren Jahrhunderten, und als Schmuck des Innenraums hängt von der Decke ein Segelschiff herab. Die Pfarrgebäude wurden 1772 bei einem großen Brande eingeäschert.

Was nun das kirchliche Leben in der Garder Gemeinde betrifft, so kann man wohl mit Recht behaupten, daß es immer noch im Verhältnis zu anderen Gemeinden gut ist, obgleich auch hier der Kirchenbesuch in den letzten Jahren stark nachgelassen hat. Die Tätigkeit von Pastor Franz - 1858 bis 1876 - wurde zu einer großen Erweckung für die Gemeinde. Die Früchte jener Zeit sind heute noch spürbar.

Garde hat auch als Missionsgemeinde, ein Werk von Missionsinspektor Franz und Missionar Jost, einen guten Ruf. Die großen Missionsfeste mit den reichen Missionsgaben - ein einfacher Fischer, früher Seefahrer, opferte einmal den Erlös für ein gemästetes Kalb - sind allgemein bekannt.

Es hat in Garde auch Zeiten gegeben, wo es in der Geistlichkeit nicht immer christlich zugegangen ist. Die Kirchenchronik berichtet, daß nach Akten der Superindendantur der Pastor Vizichius II. mit seinem Schwiegersohn und Nachfolger Pastor Hennig, der ihn von 1707 bis 1711 im Amte unterstütze, in unglaublichen Verhältnissen lebte. Er protestierte gegen dessen Anstellung, störte ihn durch lautes Widerreden bei seinen Predigten und versuchte ihn aus den Schranken des Altars hinauszustoßen. “Als ein nach irdischen Gütern mit Ungerechtigkeiten trachtender Mann hat sich sein Gedächtnis bei den Leuten bis auf diesen Tag erhalten. Pastor Henning - 1711 bis 1719 - lebte mit seiner Frau in Unfrieden und er hat sich später dem Trunke ergeben. Er mußte betrunken aus dem Branntweinhause geholt werden.” Dieses unchristliche Verhalten der Geistlichen spiegelt sich noch lange im Leben der Gemeinde wider.

Die Garder Schule ist seit ihrem Bestehen mit der Kirche verbunden gewesen. Die Zeit ihrer Errichtung läßt sich nicht feststellen. Im Kirchenvisitationsprotokoll von 1593 wird sie aber schon erwähnt. 1766 bildeten nach einem alten Dokument die Dörfer Großgarde, Kerske, Kleingarde eine Schulgemeinde. Der erste Lehrer, Johann Gottlieb Gutsch, war von Pastor Starkow abgesetzt worden, wurde aber nach dessen Tode vom Oberamtsrat Hasse in Schmolsin 1765 wieder eingesetzt. Nach einem ohne Datum vorgefundenen Genußzettel betrug das Gehalt

a) als Küster: für Reinigen der heiligen Geräte, Aufziehen der Turmuhr, Taufen, Trauungen und Begräbnisse: Maßkorn (Roggen, Hafer, Gerste), Gänse, Brote, Eier, Wohnung, Garben, Wiese... 62 Rtl. 7 Sgr.

b) als Organist: von den Bauern und Herrschaften: Roggen, 21 Rtl. 15 Sgr.

c) als Schullehrer: Schulgeld, Feuerung, Fische, 89 Rtl.

zusammen ..... 172 Rtl. 22 Sgr.

Im Jahre 1876 brachte die Stelle 1.050 RM, davon die Küsterei 615 RM, die Lehrerstelle 435 RM (240 RM Schulgeld, 45 RM Gemeindezuschuß und 150 RM Staatszuschuß). Das alte Schulhaus stand am Kirchplatz, wo jetzt der Gastwirt Krause wohnt. Da das Schulzimmer nur 40 Schüler faßte, mußten die übrigen Kinder in der Lehrerwohnung unterrichtet werden. Die kleinen Kinder wurden von dem Eigentümer Neß in seiner Wohnung abgerichtet. 1825 sollte auf Verfügung der Regierung die Sommerschule eingerichtet werden. Die Eltern wünschten aber den täglichen Unterricht nicht, verklagten den Lehrer Kropp und verweigerten ihm die volle Zahlung des Schulgeldes.

Beim Amtsantritt von Kantor Noack 1829 waren 156 schulpflichtige Kinder vorhanden; doch erst 1842 wurde ein neues Schulhaus, ein Fachwerkbau mit zwei Klassenzimmern und zwei Lehrerwohnungen, gebaut. Es lag malerisch auf dem steilen Sandberg im jetzigen alten Schulgarten, nur einen Steinwurf vom See entfernt. Da die Schülerzahl auf fast 200 gestiegen war, wurde die 2. Lehrerstelle fest eingerichtet und von 1862 mit geprüften Lehrern besetzt. Kleingarde erhielt 1863 eine eigene Schule. Hermann Röhl: “Gern denke ich an die zwei Jahre zurück, die ich in dem alten Schulhause des Amtes waltete. Von meinen, nach der Seeseite gelegenen Klassenzimmer hatte ich eine herrliche Aussicht auf den See und auf das Leben und Treiben der Fischer, und bei günstigem Winde konnte ich das Brausen des hinter den weißen Dünen liegenden Meeres deutlich vernehmen. Im Winter allerdings war es bei eisigem Nordost oft unerträglich kalt, so daß die Kinder in den ersten Unterrichtsstunden nicht zu schreiben vermochten, obwohl der große Mauersteinofen mehr als seine Schuldigkeit tat.” Das jetzige Schulhaus wurde 1892/93 gebaut. Die 32 a große Baustelle kostete 3.000 RM. Das Haus hat 3 Klassenzimmer und 3 Lehrerwohnungen für zwei verheiratete und einen unverheirateten Lehrer. 1895 wurde die 3. Lehrerstelle eingerichtet. Zum Bau des neuen Schulhauses hat die politische Gemeinde 11/27 und die Kirchengemeinde 5/27 beigesteuert. 1914 betrug die Schülerzahl 240, z.Zt. ist sie auf 200 gesunken. Die letzten drei Lehrer haben über 100 Jahre in Großgarde amtiert: Kantor Noack von 1829 bis 1874, Greinke von 1874 bis 1910 und Pommeranz von 1910 bis 1935. Z.Zt. ist Kantor Wilhelm Vogler im Amt.

Den Grund und Boden zum vorigen Schulgehöft will die Kirche gegeben haben, was von der Schulgemeinde sehr in Frage gestellt wird. Der ganze Sandberg, früher Eberberg genannt, soll dem jeweiligen Pastor seinerzeit zur Benutzung überlassen worden sein. Dafür war er verpflichtet, für die Gemeinde den Eber zu halten. Als nun vor einigen Jahren Kirche und Schule getrennt werden sollten, suchte eben die Kirche Vorteile für sich herauszuschlagen.

Die Bevölkerung des Ortes Großgarde ist Fremden gegenüber erst zurückhaltend, wortkarg und mißtrauisch. In ihren Worten werden die Garder zuweilen verletzend grob, so daß sie abstoßend wirken; doch unter der rauhen Schale steckt ein edler Kern. Dieser kommt sofort zum Vorschein, sobald sie Vertrauen fassen. Dann werden sie gesprächig, teilnehmend und hilfsbereit. Haben sie aber erst Freundschaft geschlossen, beweisen sie ausdauernde Treue, ja, mitunter sogar Kampfbereitschaft. Jeder Fremde wird als Pollack bezeichnet, oft hört man auch den Ausdruck “Nimza”, d.i. Deutscher. Von zähester Ausdauer sind die Garder, wenn es heißt, etwas zu gewinnen. Ein Fischer ging vor einem Menschenalter mit seinen Fischen auf die Dörfer; da kam er auch nach Storkow, eine gute Meile von Garde entfernt. Auf dem Gutshof wurden gerade Erbsen gereinigt. Gleich fing er an, mit dem Inspektor, dem er auch Fische verkauft hatte, um eine bestimmte Menge Erbsen zu handeln. Während sie so sprachen, kam Herr von Braunschweig, der Besitzer des Gutes. Scherzend sagte er zu dem Fischer, daß er ihm einen der Säcke - 2 Scheffel Inhalt - schenken wolle, wenn er diesen, ohne abzusetzen, nach Hause tragen würde. Hocherfreut über dieses Angebot nahm der Fischer den Sack Erbsen auf den Rücken und ging damit los. Von Braunschweig setzte sich auf sein Reitpferd und begleitete ihn in der Meinung, daß jener sich seiner Last sehr bald entledigen würde. Doch weit gefehlt! Sie kamen nach dem Silkower Ausbau, nach der Schwarzmühle, nach Jakobstal bis zur Garder Grenze. Als Herr von Braunschweig fragte, ob er den Sack nicht bald werfen würde, erhielt er zur Antwort, daß er nur den Sack auf die andere Schulter nehmen wolle. Da drehte von Braunschweig sein Pferd um und sagte: “Scheren Sie sich zum Teufel mit den Erbsen!” Gemütlich ging nun der Fischer mit dem Sack Erbsen nach Hause.

Wie witzig und zynisch die alten Garder manchmal sein konnten, beweist der alte Pollex. “Os Opa,” so erzählt seine Frau Karoline, “was all sehr wetzich. Eine Dach kamm hei ut dem Derp o wull ne Brell hebbe. Hei pasd sek dehs op, o hei pasd sek dei op, oaber kein jefoll em nech. Donn secht os Papa: Ek heb nach ein, vielleicht paßt die dei? Kum hed hei sek dees opsett, denn secht dei ander: Joa, dei nehm ek, dei is fein! Oaber dat was son Brell one Chlas.”

Was die Sprache der Garder anlangt, so war ihre Umgangssprache in früheren Zeiten die kassubische Sprache. In einem Schreiben vom 15.5.1765 macht der Stolper Präpositus Specht den Generalsuperintendenten darauf aufmerksam, daß der neue für Garde in Aussicht genommene Kandidat unbedingt kassubisch sprechen müsse, weil das Heil einiger 100 Seelen davon abhängt. Andererseits wacht die Gemeinde selbst darüber, daß ihre Pastoren richtig kassubisch können. So lehnte die Gemeinde von Großgarde im Jahre 1766 einen Kandidaten ab, da sie seine polnische Sprache nicht verständen, weil sie Kassuben seien.

Diese zwei Beispiele zeigen, daß die Kirchensprache der evangelischen Kassuben in Ostpommern kassubisch und nicht polnisch war, wie manchmal behauptet wurde. Ebenso beweisen sie, daß das Kassubische eine selbständige Sprache ist und kein Polnisch, vermischt mit Kassubischem. Leider ist von deutscher Seite nicht immer diese scharfe Unterscheidung zwischen dem Kassubischen und dem Polnischen beachtet worden, so daß der polnischen Propaganda willkommene Gelegenheit zu der Behauptung gegeben wurde, früher sei in den kassubischen Landstrichen polnisch gesprochen und gepredigt worden. (Nach Winguth, “Die Kirchensprache der ostpommerschen Kassuben”). Dr. Lorenz, der das Buch “Die Geschichte der Kassuben” geschrieben hat, hielt sich in den 90er Jahren mehrfach in Garde auf, um Sprachforschungen vorzunehmen. Alte Leute, die des Kassubischen noch mächtig waren, haben ihn bei seiner Arbeit mit großem Interesse unterstützt. Die heutige Generation spricht außerhalb der Schule nur Plattdeutsch und versteht nichts mehr von der alten Sprache. Bei den Fischern haben einige Gegenstände und Tätigkeiten, auch Orte ihre kassubischen Namen behalten. So heißt z.B. das größere Ruder (Riemen) “Podschna” und das kleinere schmale “Jusla”. Als Ausdruck der Verwunderung, des Erstaunens hört man hin und wieder “descha zibja”. Über kassubische Sprachreste finden wir zwei äußerst interessante Artikel mit Bezug auf die Garder Fischer und ihren See in der Zeitschrift “Unser Pommerland”, Verfasser: Alfred Fischer, Saleske, Jahrgang 1927/28. Im Garder Dialekt wird a wie “oa” und g wie “ch”, zuweilen auch wie “j” gesprochen. Man spricht “Karl-Onkel hat geschrieben”, statt “Onkel Karl”; “Ernestine-Tant” statt “Tante Ernestine”. Worte wie: “Heb ji ose Heinriche nech seine?” - “Nama, wat lach ji?” - oder aus dem Zwiegespräch zweier Kinder: “Jest du tom Sandbarch oder oppa Choard?” sind noch in lebendiger Erinnerung. Die Alltagssprache klingt lang und breit: “Hei rähdächt choardsch”. Dabei könnend die Garder, wenn sie erst warm werden, recht gesprächig sein. Da sie als Seefahrer oder als Marinesoldaten weit und breit in der Welt umhergekommen sind, und sich mit offenen Augen alles angesehen haben, können sie recht viel Interessantes erzählen. Sie können so ziemlich über alles mitreden.

Die angeborene Abneigung alteingesessener Garder gegen alles, was von auswärts kommt, macht sich leider noch heute in ihrem Familienleben oft bemerkbar. Es gehört zu den Seltenheiten, daß durch Einheiraten frisches Blut ins Dorf kommt. Die Folgen dieser Inzucht sind darum recht betrübend: 4 Taubstumme, 4 Geistesschwache und zwei von Geburt an verwachsene Krüppel. Zum Glück stehen solchen traurigen Existenzen viele Beispiele von beneidenswerter Gesundheit und Begabung gegenüber. Die öfter erwähnte Karoline Pollex, geb. 1840, wurde 97 Jahre alt. Und zu den hervorragenden Köpfen die Garde hervorgebracht hat, gehören die Missionare Jost und Judaschke, der Kapitän Noack, der Seminarlehrer Falk und Heinrich Pantel, der sich in Schanghai vom einfachen Schiffsjungen zum englischen Zollbeamten mit einem Ministergehalt gebracht hat.

Allzeit haben die Garder, wie alle Pommern, ihre unverbrüchliche Treue zum Vaterland bewiesen. Während des Siebenjährigen Krieges fochten ihre Söhne in den Reihen des Königs. Im Freiheitskrieg haben viele Tapfere ihr Leben für ihre Heimat gegeben. Ihre Namen sind durch Gedächtnistafeln in der Kirche erhalten geblieben. Unteroffizier Jost und Musketier Griechen kehrten mit dem Eisernen Kreuz geschmückt heim. Noch heute nennt man die Nachkommen von Jost “Unteroffiziers”. Auch in den glorreichen Kriegen von 1864, 1866 und 1870/71 haben die Garder ihren Mann gestanden. An Auszeichnungen brachten einige das Düppelkreuz und die Militärverdienstmedaille für Königgrätz heim. Ebenso haben sie sich im Weltkrieg überall, zu Wasser und zu Lande ausgezeichnet. Mit dem Eisernen Kreuz kehrten 5 Musketiere zurück. Nicht minder ehrenvoll haben in allen Erdteilen und auf allen Weltmeeren die Garder Marinesoldaten gekämpft.

Während des 30jährigen Krieges hat die Bevölkerung Gardes durch Einquartierung, Plünderung und Pest viel leiden müssen. Im 7jährigen Kriege hausten die Russen hier. Alles wurde zerstört, selbst die Netze haben die Moskowiter den Fischern zerschnitten. In den Unglücksjahren im Anfang des vorigen Jahrhunderts hielten sich die Franzosen in Garde auf, um die über Preußen verhängte Festlandsperre zu wachen. Im August 1870 wurden am Ostseestrand französische Kriegsschiffe gesichtet, und so tauchte das Gerücht auf, daß 600 Franzosen bei Scholpin gelandet seien. Eine Stolper Husarenpatrouille kehrte bald zurück, ohne einen Franzosen gesehen zu haben. Friedliche Fischer waren von ihrem Fang heimgekehrt. Gleiche Gerüchte tauchten im Weltkriege auf, bald waren es Russen, bald Engländer.

Um 1870 kenterte ein Rower Boot im Gardersee. Von den 11 Insassen, in der Mehrzahl Frauen, ertranken 9. Ein Jüngling, der spätere Fischmeister Tunnisch und eine Frau erreichten auf einer Sandbank watend das Ufer.

Zu Großvaters und Urgroßvaters Zeiten wurden noch die Pferde gehütet. Da wurde eines Tages des alten Vogts Woggon braune Stute von einem tollen Hund gebissen. Bald danach brach bei dem gebissenen Pferd die Tollwut aus. Schnell wurde es ins Scheunenfach gebracht. Hier gebärdete es sich wie ein Hund. Es kratzte mit den Vorder- und Hinterfüßen. Der Schaum stand ihm am Maul; alles Lebendige wollte es beißen. Da wurde von draußen ein Loch in die Wand geschlagen, und Heinrich Prien-Kribjitz, ein perfekter Jäger, hat es durch die offene Wand erschossen.

Am 5. Juni 1913 erschien das erste Flugzeug über Garde. Es war das Militärflugzeug “Taube 39/3”, das von Danzig kam und nach Kolberg flog. Am 15.8.1927 ließ sich ein englisches Militärflugzeug auf dem Gardersee nieder, ein dreimotoriger Doppeldecker mit 6 Mann Besatzung. Es kam eine große Aufregung ins Dorf, als es hieß: “Die Engländer sind da!” Das Flugzeug hatte sich bei ungünstigem Wetter verirrt. Am anderen Tag wurde es von zwei anderen Flugzeugen gesucht und abgeholt.

An hohen Gästen habend die Garder bei einer Durchfahrt durch das Dorf Kronprinz Friedrich-Wilhelm (später der IV:) und Kaiser Wilhelm II. gesehen. Dieser fuhr gelegentlich der 600-Jahrfeier der Stadt Stolp am 5.9.1910 auf seiner Fahrt nach Wilhelmshof hin und zurück durch das Dorf. 

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